Falls ihr länger als 2 Wochen im Iran unterwegs seit, dann solltet ihr unbedingt diese Zugfahrt von Andimeshk nach Dorud ganz oben auf eure To-Do-Liste setzen! Die kahlen Canyons links und rechts und die veralteten Zugwagons werden euch an eine Zeitreise durch den wilden Westen erinnern. Außerdem empfehle ich euch einen Besuch des Wasserfalls im gleichnamigen Ort Bisheh. Einen der Schönsten in ganz Iran! In meinem Bericht könnt ihr mehr über die abenteuerliche Fahrt lesen:
Es ist 9 Uhr und ich befinde mich mit Mohammed, den Bahnhofswärter in einem kleinen Infohäuschen. Die nächste Zugfahrt von Andimeshk nach Dorud, die mich heute nach Bisheh bringen soll, beginnt erst um 14 Uhr. Hier in Lorestan ist das Warten auf den Zug nicht so langweilig, wie sonst irgendwo auf der Welt. Die Situation hat etwas Surreales, ich fühle mich wie die neueste Attraktion im Zoo, ich werde mit Tee und Süßigkeiten gefüttert und ständig kommen Leute vorbei und wollen den Fremden sehen.
Fußball geht im Iran als Gesprächseinstieg immer! Ali Daei oder Ali Karimi spielten nur kurz in der Bundesliga, hier werden sie wie Götter verehrt. Ich versuche herauszufinden, ob es überhaupt möglich ist in Biseh zu übernachten, so recht kann mir aber keiner eine Antwort darauf geben. Es soll dort einen wunderschönen Wasserfall geben, den ich mir anschauen möchte. Mohammed zeigt mir weitere Wasserfälle auf seinen Handy, Lorestan scheint damit gesegnet zu sein.
Weitere Backpacker kommen des Weges, Mansour und Elaleh zwei Iraner aus der Nähe von Shiraz! Die beiden haben ihre Jobs gekündigt um auf Reisen zu gehen, was dort ziemlich ungewöhnlich ist.
Der Zug kommt, es ist 14 Uhr! Ich hab ganz vergessen mir ein Ticket zu besorgen und der Schalter hat nun auch schon geschlossen! Mohammed telefoniert wild mit seinen Vorgesetzten um mich doch noch in den Zug zu bekommen, glücklicherweise ruft der Muezin gerade zum Gebet und der Zug hat einen längeren Aufenthalt.
„Mach dir keine Sorgen!“, meint Elaheh „Es gibt immer einen Weg im Iran!“ Und tatsächlich ich darf einsteigen, mein Ticket bekomme ich dann im Zug. Darauf steht Mr. Tourist.
Die Fahrt von Andimeshk nach Dorud ist einfach atemberaubend. Geht es zu Anfang noch durch karge wüstenähnliche Landschaft, sucht sich der Zug schließlich über Serpentinen und Tunnel seinen Weg durch die Berge Lorestans. Ich bin nicht der erste Deutsche, den Elaheh und Mansour auf iher Reise druch das eigene Land treffen. Sie erzählen von einem Koch, der selten lächelte, stets sehr ernst war, jedoch alle Zutaten eines Rezeptes mit Leichtigkeit herausschmecken konnte. Typisch deutsch: „Korrekt und Präzise!“, auf die Iraner, die stets überaus offen auf Menschen zugehen muss das sehr fremd gewirkt haben.
Erst am Abend kommen wir in Bisheh an. Wir passieren das Dorf und überqueren eine lange Fußgängerbrücke über eine tiefe Schlucht. Und dann stehen wir plötzlich vor dem Wasserfall. Unzählige kleine Ströme prasseln auf den riesigen, grünen Felsen herab. Wir sprechen mit einem Rettungsschwimmer. Er meint der Wasserfall wäre früher, als er noch ein Kind war, doppelt so groß gewesen, aber das ein Teil davon wurde zur Bewirtschaftung der Felder umgeleitet. Doch auch so ist er sehr beeindruckend und immer noch sehr gefährlich. Eine Absperrung musste errichtet werden, einige, unvorsichtige Menschen gingen baden und wurden von den tosenden Wassermassen mitgerissen! Erst letzte Woche sei ein Mann über die Absperrung geklettert und ertrunken.
Mansour und Elaheh bieten mir an, die Nacht bei ihnen im Zelt zu verbringen. Ich möchte aber nicht in die Privatsphäre der beiden eindringen. „Das ist schon Ok! Wir sind ja schließlich nicht in den Flitterwochen!“, meint Elaleh!
Als es dunkel wird, gehen wir eine für Lorestan bekannte Suppe essen. Der Verkäufer möchte gerne alles über mich wissen, doch er mischt wild Englisch und Persisch miteinander, sodass ich gar nichts verstehe! Iraner geben jedoch nie auf!
Ein Mann der Geburtstag hat ernennt uns zu seinen Ehrengästen. Der Alkohol den er ausschenkt, schmeckt stark und scheußlich. Ein zweites Mal lehne ich höflich ab! Mansour erklärt mir, dass die Bewohner Lorestans naturverbundene und herzliche Menschen sind. Sie führen oftmals ein einfaches Leben und lieben es auf die Jagd zu gehen. Es gibt viele schöne Lieder über die Liebe! Da einer der Männer von meinen fasziniert zu sein scheint nennt er mich Tiam (was das lorestanische Wort für Auge ist) und singt kurzerhand ein Liebeslied, das eigentlich für eine Frau mit blauen Augen bestimmt ist.
Der Abend wird noch lang, denn es wird gesungen und getanzt. Am nächsten morgen wachen wir viel zu spät auf. Den Zug sehen wir gerade so an uns vorbeifahren.
Am Bahnhof begegnet uns wieder einer der Männer aus der Partyrunde von gestern. Er mein in einer Viertelstunde würde ein anderer Zug anhalten und tatsächlich staune ich nicht schlecht als ich bemerke, dass es ein Güterzug ist!
Der Mann spricht mit dem Lokführer und wir können hinaufsteigen. Um unsere Gesichter wickeln wir Halstücher um uns vor Schmutz und Staub zu schützen! Ich fühle mich wie in einem Westernfilm in der Rolle eines Zugräubers.
Aber das Gefühl des Windes in den Haaren und der Freiheit ist ebenso atemberaubend, wie der Gestank der Zugabgase, die sich in den langen und heißen Tunneln staut! Zwei Stunden fahren wir so durch die einzigartige Landschaft, bis wir in Dorud ankommen! „Wow, ich hätte niemals gedacht, dass so etwas im Iran möglich ist!“, meint Mansour.
Wichtige Infos
Zugfahrt von Andimeshk nach Dorud – Abfahrtszeiten:
Andimeshk 14:30 Uhr Ankunft Bisheh:
Abfahrt Bisheh: 8:00 Uhr morgens
Ticketpreis:
60.000 Rial (1,50 Euro)
Übernachtungsmöglichkeiten:
– Zimmer im Dorf, nahe des Wasserfalls verfügbar
– Zeltplätze am Wasserfall verfügbar (öffentliche Toiletten und sanitäre Einrichtung/im schlechten Zustand)
Essen:
– Kiosk in der Nähe des Wasserfalls
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